Rechtsschutzinteresse bei Nichtigkeitsklage gegen ein abgelaufenes Patent Nichtigkeitsklagen können die Laufzeit eines Patents überdauern. Ist der Patentschutz bereits abgelaufen, muss der Kläger zur Fortsetzung des Verfahrens in Ermangelung eines allgemeinen Rechtschutzbedürfnisses ein besonderes Rechtsschutzinteresse nachweisen.
BGH bestätigt Rechtsschutzinteresse
Der BGH hat in seiner aktuellen Entscheidung „Blasenkatheterset“ (BGH X ZR 57/19) die Leitsatzentscheidung des BPatG (BPatG 4 Ni 50/17) nun insoweit bestätigt, als dass ein besonderes Rechtsschutzinteresse des Nichtigkeitsklägers grundsätzlich dann vorliegt, wenn dieser in einem parallelen Verletzungsverfahren aus dem angegriffenen Patent in Anspruch genommen wird.
Die Entscheidung des BGH ist zu begrüßen. Sie kommt nicht ganz unerwartet und bestätigt letztendlich die bestehende Entscheidungspraxis.
Darlegungs- und Beweislast liegen beim Nichtigkeitskläger
Die neuerliche Bestätigung des BGH schafft eine zusätzliche Rechtssicherheit für den Nichtigkeitskläger. Schon früher hatte der BGH entschieden, dass die Darlegungs- und Beweislast eines besonderen Rechtsschutzinteresses bei dem Nichtigkeitskläger liegen (BGH GRUR 1995, 342 – Tafelförmige Elemente). Dass für den Nachweis eines besonderen Rechtsschutzinteresses ein anhängiges Verletzungsverfahren grundsätzlich ausreichend ist, macht die Darlegung in einem solchen Fall in der Regel einfach.
Ein besonderes Rechtsschutzinteresse kann jedoch auch bereits dann vorliegen, wenn der potentielle Verletzer die Inanspruchnahme aus einem abgelaufenen Schutzrecht nur befürchtet, also bislang weder abgemahnt noch verklagt wurde (BGH Urt. v. 20.12.2018, X ZR 56/17 – Schaltungsanordnung III). Ein solches Rechtsschutzinteresse besteht dann nicht, wenn der Patentinhaber bereits auf alle Ansprüche aus dem Patent verzichtet hat.
Umfang der möglichen Nichtigkeitsklage
Aus diesen Entscheidungen erscheint es nur folgerichtig, dass der Nichtigkeitskläger bei seiner Nichtigkeitsklage grundsätzlich nicht auf die Ansprüche beschränkt ist, aus denen er gegebenenfalls in einem parallelen Verletzungsverfahren bereits in Anspruch genommen wird (BPatG Urt. v. 25.6.2013, 3 Ni 30/11). Vielmehr kann auch ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der weiteren Ansprüche bestehen und diese zum Gegenstand der Nichtigkeitsklage machen.
Denn es ist für den Nichtigkeitskläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung in der Regel nicht absehbar, aus welchen (weiteren) Ansprüchen er bei einer möglichen Verletzungsklage oder in einem anhängigen Verletzungsverfahren letztendlich in Anspruch genommen wird. Insofern hat er ein schutzwürdiges Interesse, das betreffende Schutzrecht möglichst in seiner Gesamtheit oder zumindest in dem Umfang zu vernichten, in dem es ihm gefährlich werden könnte.
So ist ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis zumindest für solche Unteransprüche zu bejahen, die von dem Hauptanspruch abhängig sind, aus dem der Nichtigkeitskläger im Verletzungsverfahren in Anspruch genommen wird. Ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich nebengeordneter Ansprüche ist hingegen im Einzelfall zu prüfen (BGH GRUR 2005, 749 – Aufzeichnungsträger).
Geltendmachung mehrerer Nichtigkeitsgründe
Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Anmerkungen des BPatG in der eingangs zitierten Entscheidung, dass die Geltendmachung mehrerer Nichtigkeitsgründe gegen identische Patentansprüche mit der Klageerhebung eine zulässige alternative Antragshäufung begründet. Unzulässig ist hingegen eine eventuelle Antragshäufung durch eine anfängliche oder nachträgliche Geltendmachung weiterer nur hilfsweise zur Entscheidung gestellter Nichtigkeitsgründe. |