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Oberlandesgericht Hamm: Kündigung eines Geschäftsführers wegen Verstoß gegen Compliance-Vorschriften - Rechts- und Patentanwälte
Oberlandesgericht Hamm: Kündigung eines Geschäftsführers wegen Verstoß gegen Compliance-Vorschriften


Oberlandesgericht Hamm: Kündigung eines Geschäftsführers wegen Verstoß gegen Compliance-Vorschriften

Geschäftsführern kann bei gravierenden Compliance-Verstößen aus wichtigem Grund ohne vorherige Abmahnung gekündigt werden. Mit Urteil vom 29.05.2019 – 8 U 146/18 stellte das OLG Hamm fest, dass eine Pflichtverletzung vorliegt, wenn ein GmbH-Geschäftsführer wissentlich eine Zahlung auf eine fingierte Forderung freigibt, um damit eine Provisionsabrede zu honorieren, die gegen die unternehmensinternen Compliance-Vorschriften über zustimmungsbedürftige Geschäfte verstößt.

Unternehmensinterne Compliance-Richtlinien

Im konkreten Fall galt eine Konzernrichtlinie zur „Einschaltung von Vermittlern, Beratern und anderen zur Vertriebsunterstützung beauftragten Personen“. Demnach durften Provisionen nur schriftlich, unter Wahrung des Vier-Augen-Prinzips und unter Beachtung der geltenden Vertretungsregelungen vereinbart werden. Nach einem Katalog zustimmungspflichtiger Geschäftsvorfälle musste bei Zusage einer Provision von mehr als 3% des Nettoauftragsvolumens die vorherige Zustimmung des Bereichsvorstands eingeholt werden.

Pflichtverletzungen des Geschäftsführers

Der Geschäftsführer hatte eine Gutschrift unterschrieben, wonach der Endkunde aufgrund minderer Qualität einen Nachlass in Höhe von 10% des Warenwertes erhalten hatte. Dabei wusste der Geschäftsführer, dass es weder einen Mangel noch eine Reklamation gab und die Gutschrift allein dazu diente, eine zugesagte Provision von über 3% entgegen den Konzernrichtlinien ohne vorherige Zustimmung des Bereichsvorstands faktisch zu leisten. Nach einer Anhörung des Geschäftsführers durch die Compliance-Abteilung wurde dieser noch am selben Tag von seinen Dienstpflichten freigestellt. Im Verfolg fasste die Gesellschafterversammlung den Beschluss, die Geschäftsführerbestellung zu widerrufen und das Dienstverhältnis zu kündigen. Das monatliche Festgehalt wurde nicht mehr gezahlt und der Dienstwagen nicht mehr zur Verfügung gestellt.

Die Gründe: Die Zahlung auf eine nicht bestehende Forderung stellt eine Pflichtverletzung dar. Der Kläger verletzte damit seine gegenüber der Beklagten bestehende Interessenwahrungs- und Vermögensbetreuungspflicht in grober Weise. Die Gutschrift diente dem Zweck, eine Provisionsabrede zu honorieren, die gegen die Compliance-Vorschriften verstieß. Der Kläger hat durch sein Verhalten seine eigene Vorbildfunktion untergraben. Hält sich ein Geschäftsführer für Mitarbeiter erkennbar nicht an Compliance-Regeln, so verlieren die Regeln ihre „Autorität“

Abmahnung nicht erforderlich

Eine Abmahnung des Klägers war nicht geboten. Das Gericht stellte fest: Wer die Compliance-Regeln seines eigenen Unternehmens nicht kennt, ist von vornherein ungeeignet, das Unternehmen zu führen. Geschäftsführer müssen sich über die Tragweite etwaiger Pflichtverletzungen auch ohne besondere Hinweise und Ermahnungen im Klaren sein. Wegen den Ermittlungen der konzerneigenen Compliance-Abteilung zur Aufklärung des Sachverhalts wurde die Einberufung der für die Beschlussfassung über die Kündigung zuständigen Gesellschafterversammlung auch nicht verzögert. Das Gericht begründete dies mit dem Gebot umsichtiger Compliance-Ermittlungen, die sorgfältig vorzubereiten und zu organisieren sind.

Fazit und Handlungsempfehlung

Die Geschäftsführung hat für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und der unternehmensinternen Richtlinien zu sorgen. Die Compliance-Risiken können branchenspezifisch eine Vielzahl von Rechtsgebieten betreffen, z.B. Anti-Korruptions-Compliance, Kartellrechts-Compliance, Datenschutz-Compliance. Wir beraten Sie bei der Einführung eines an der Risikolage Ihres Unternehmens ausgerichteten Compliance-Management-Systems. Dabei ist ein effizientes Hinweisgebersystem die Herzkammer eines wirksamen Compliance-Managements und kann die Geschäftsführung vor persönlicher Haftung schützen. Wir übernehmen die Funktion der Compliance-Ombudsstelle als Meldekanal und beraten Sie bei Auswahl und Einführung eines digitalen Whistleblowing-Systems. Zur persönlichen Absicherung beraten wir – in Kooperation mit einem spezialisierten Versicherungsmakler – Geschäftsführer zu individuellen Konzepten der Anstellungsvertragsrechtsschutz-, Strafrechtsschutz- und D&O-Versicherung.

Das Urteil des OLG Hamm im Volltext ist hier abrufbar: openjur.de/u/2176943.html

Dr. Burkhard Fassbach
Rechtsanwalt

E-Mail: burkhard.fassbach@bolex.de
Telefon: +49 (234) 91360

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