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Schöne neue Welt: Marken- und urheberrechtliche Aspekte von NFTs - Rechts- und Patentanwälte
Schöne neue Welt: Marken- und urheberrechtliche Aspekte von NFTs
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Schöne neue Welt: Marken- und urheberrechtliche Aspekte von NFTs
 
Spätestens seit ein digitales Bild mit der Bezeichnung „CryptoPunk #7523“, welches einen verpixelten Kopf mit einer OP-Maske darstellt, im Internet für 11,8 Mio. US-$ versteigert wurde, entwickelt sich um die Schaffung und Nutzung von NFTs seit Mitte 2021 ein exponentiell wachsender Markt. Eine Vielzahl von Markennamen und Logos werden in Form von NFTs auf Auktionsplattformen wie OpenSea zum Kauf angeboten. Ferner hat der FC Bayern NFT-Sammelkarten seiner Spieler herausgegeben und auch etablierte Großunternehmen wie Visa sind in den Markt eingestiegen. In der Praxis stellt sich damit immer häufiger die Frage, inwieweit diese Art der Benutzung von markenrechtlich geschützten Zeichen durch Unberechtigte eine Markenrechtsverletzung darstellt und welche Handlungsempfehlungen sich daraus für Markeninhaber ableiten lassen.


Was sind NFTs und wie funktionieren sie?

Bei NFTs (Non-Fungible Tokens) handelt es sich um Blockchain-basierte unersetzbare und überprüfbare Token, denen ein bestimmter digitaler Vermögenswert in Form von individuellen Werken zugeordnet ist. Als Werk kommt dabei alles in Betracht, was digital dargestellt werden kann, wie z. B. Bilder, Videos, Audiodateien und virtuelle Gegenstände. Aktuell werden sie hauptsächlich in der Kunstwelt eingesetzt, um digitale Inhalte zu authentifizieren. Aber auch Marken und Designs können untrennbar mit einem NFT verlinkt werden. Im Gegensatz zu Kryptowährungen wie dem Bitcoin, bei denen es sich um austauschbare und teilbare Tokens handelt, repräsentiert ein NFT einen ganz konkreten unteilbaren Vermögensgegenstand und ist damit einzigartig. Während es ohne weiteres möglich ist, die Summe von 0,1 Bitcoin an jemanden zu senden, besteht eine solche Teilbarkeit bei einem NFT nicht. Dies wäre auch nicht sinnvoll, weil im Falle eines tokenisierten 4-minütigen Musikstücks, ein herausgelöster 3-Sekunden-Ausschnitt keinen Wert hätte. 
Das Werk an sich kann zwar wie andere Dateien kopiert werden, allerdings ist die Verbindung aus NFT und Werk einzigartig. Nur dasjenige Werk, auf das ein konkretes NFT verweist, ist das „Original“.  

Die technische Grundlage für die Herstellung von NFTs wird durch die Blockchain-Technologie gebildet. Das Besondere an der Blockchain-Technologie ist, dass die auf ihr befindlichen Daten sich nicht auf einem oder mehreren Servern befinden, sondern in dezentralen Blöcken als Bestandteile einer kontinuierlich erweiterbaren Liste von Datensätzen gespeichert werden. Sobald ein Datenblock gefüllt ist, wird er durch komplexe mathematische Funktionen verifiziert und mit dem nächsten Datenblock verbunden, wodurch eine Manipulation nahezu ausgeschlossen ist.

NFTs werden über sog. Smart Contracts – einem auf der Blockchain ausgeführten Code – erzeugt (sog. Minting = Prägung). Nach erfolgtem Minting durch die Verknüpfung von Referenzobjekt und NFT repräsentiert die spezifische Zeichenfolge auf einer Blockchain – also das NFT – eindeutig einen bestimmten Vermögenswert, etwa ein digitales Kunstwerk. Dieser Prozess wird auch als „Tokenisierung“ (des Vermögenswerts) bezeichnet.

Nach dem „Minten“ wird der NFT einer bestimmten Wallet zugeordnet. Die Wallet ist ein physisches Medium, eine Hardware (Gerät) oder Software (Programm), auf denen die Schlüssel für die Verwaltung der NFTs gespeichert sind. Über die Wallet kann deren Inhaber über den auf der Blockchain gespeicherten NFT verfügen und diesen beispielsweise an eine andere Wallet senden. Der NFT ist damit handelbar. Plattformen wie OpenSea erleichtern ihren Nutzern das Minten von NFTs. Erforderlich ist lediglich eine Wallet und ein Medium, mit dem der NFT verlinkt werden soll.


NFTs und Markenschutz

Grundsätzlich kann ein NFT auch mit geschützten Kennzeichen oder Produktabbildungen verlinkt werden, so dass sich die Frage stellt, inwieweit in diesen Fällen bereits in der reinen Verlinkung eine Schutzrechtsverletzung zu sehen sein könnte. 

In den USA sind bereits erste Gerichtsverfahren anhängig, in denen der Luxusgüterhersteller Hermès und der Sportbekleidungshersteller Nike gegen die tokenisierte Benutzung ihrer geschützten Marken durch NFTs vorgehen. Im ersten Fall hat ein Künstler über 100 digitale Versionen der berühmten Birkin-Bag von Hermès mit Kunstpelz und einer Reihe von Farben und Grafiken dargestellt. Im Falle von Nike hat ein Künstler Bilder von realen Nike-Sneakern als NFTs geminted und diese zum Kauf angeboten.

Sofern es sich bei den mit den NFTs verlinkten geschützten Kennzeichen um bekannte Marken handelt, sind diese gegen eine Rufausbeutung geschützt. Eine solche Rufausbeutung wird regelmäßig angenommen, wenn der Benutzer sich den guten Ruf der Marke zunutze macht, etwa indem er von dem Einsatz der Marke wirtschaftlich profitiert.

Bei weniger bekannten Marken kann Dritten sowohl die Benutzung identischer als auch verwechselbar ähnlicher Zeichen untersagt werden. Wie jede Markenverletzung setzt diese auch im Zusammenhang mit NFTs voraus, dass eine widerrechtliche Benutzung im geschäftlichen Verkehr vorliegt und eine der Markenfunktionen, wie zum Beispiel die Herkunftsfunktion, beeinträchtigt wird. Hinsichtlich der Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es maßgeblich darauf an, für welche Waren und Dienstleistungen die Marken geschützt sind. Eine Verwechslungsgefahr kann danach zu verneinen sein, wenn die Ähnlichkeit der Zeichen durch einen hinreichenden Abstand zwischen den durch die Marke geschützten Waren und Dienstleistungen und dem NFT ausgeglichen wird. In dem beschriebenen Fall von Nike dürfte die Verwechslungsgefahr und damit ein Unterlassungsanspruch gegenüber dem NFT-Künstler jedenfalls im Hinblick auf die geschützte Warenkategorie „Schuhe“ ausscheiden, da diese keine Ähnlichkeit mit einem digitalen Token aufweisen und es sich bei dem NFT auch nicht um ein ergänzendes Produkt zu Schuhen handelt. Allerdings dürfte Nike sich aufgrund der Bekanntheit seiner Marke auf den Aspekt der Rufausbeutung stützen können.

Gleichwohl dürfte auch Nike bewusst sein, dass der registerbezogene Markenschutz im Hinblick auf NFTs lückenhaft ist. Nike hat mittlerweile sein Markenportfolio beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) angepasst und auf digitale Produkte erweitert, insbesondere auf „Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf virtuelle Waren“ in Klasse 35 und „Bereitstellung von nicht herunterladbaren virtuellen Schuhen […] zur Verwendung in virtuellen Umgebungen“ in Klasse 41.
NFTs und Urheberrecht

Im Rahmen der Beurteilung der urheberrechtlichen Relevanz ist noch ungeklärt, ob bereits das Minting des NFTs selbst urheberrechtlich relevant ist und etwa in ein Nutzungsrecht eines Rechteinhabers eingreifen kann.

Hier spricht einiges dafür, dass NFTs als Token auf der Blockchain nicht dem Urheberrecht unterliegen, da NFTs kein Werk im Sinne einer geistigen Schöpfung darstellen, sondern das Werk lediglich repräsentieren. Allerdings ist es grundsätzlich nur dem Urheber gestattet, sein Werk als NFT zu minten. Im Rahmen des Mintings erfolgt ein Upload des zu tokenisierenden Werkes auf NFT-Plattformen. Dieser für das Minting notwendige unberechtigte Upload des Werkes stellt als Vervielfältigung eine Verletzungshandlung dar, die den Urheber bzw. den Rechteinhaber zur Geltendmachung von Unterlassungs- und gegebenenfalls Schadensersatzansprüchen berechtigt.

Im Zusammenhang mit bestehenden Lizenzverträgen dürfte das Recht zum Minten von NFTs in den Fällen, in denen der Urheber dem Erwerber die umfassenden Nutzungsrechte, einschließlich der Rechte für unbekannte Nutzungsarten, eingeräumt hat, auf den Erwerber übergegangen sein. Damit wäre nur der Erwerber berechtigt, einen NFT zu prägen und diesen zum Verkauf anzubieten. Darüber hinaus würde die widerrechtliche Prägung eines NFTs dem Rechteinhaber ermöglichen, Unterlassungs- und ggf. Schadensersatzansprüche gegenüber dem Verletzer geltend zu machen (§ 97 Abs. 2 UrhG).
Praxisrelevant dürfte des Weiteren die Nutzung von NFTs zur rechtssicheren Vergütung von Rechteinhabern sein. Die zur Erstellung des NFT genutzten Smart Contracts können dabei manipulationssicher so programmiert werden, dass der Künstler als Urheber auch über die Veräußerung eines NFTs hinaus an dessen weiterer Kommerzialisierung partizipiert. Beispielsweise kann in dem Smart Contract festgeschrieben werden, dass der Künstler bei jeder Weiterveräußerung des NFTs einen bestimmten Prozentsatz vom Veräußerungserlös erhält. Nach der entsprechenden Programmierung prüft der Smart Contract fortlaufend und selbstständig, ob und zu welchem Preis der NFT veräußert wurde, berechnet die Tantieme des Urhebers und zahlt diese an ihn aus. Ein besonderer Aspekt der Blockchain-Technologie ist dabei, dass die jeweiligen Tantiemenzahlungen final und nahezu in Echtzeit abgewickelt werden, wodurch eine schnelle Rechtssicherheit eintritt, zumal es keines weiteren menschlichen Umsetzungsakts bedarf. Sollte sich der derzeitige NFT-Trend fortsetzen und sich als primäres Tantiemenmodell auf dem Markt durchsetzen,  dürften die Geschäftsmodelle von Verwertungsgesellschaften, wie etwa der GEMA, bald ausgedient haben. Die vielfältigen rechtlichen Gestaltungsparameter im Zusammenhang mit NFTs erfordern eine umsichtige und vorausschauende Vertragsgestaltung.


Fazit

Bei neuen Markenanmeldungen sollte geprüft werden, inwieweit sich die von der geplanten Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen zukünftig möglicherweise als NFT tokenisieren lassen. Im Bedarfsfall ist bei der Gestaltung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses darauf zu achten, den Schutzbereich der Marke auf Web3-Anwendungen und die virtuelle Realität (Metaverse) zu erstrecken.
NFT-Emittenten sollten zur Vermeidung von kostenintensiven markenrechtlichen Auseinandersetzungen vor dem Minten eines NFT mögliche kennzeichenrechtliche Kollisionslagen durch eine Markenrecherche ermitteln.

Im Rahmen von urheberrechtlichen Lizenzverträgen ist auf die Reichweite der Rechtseinräumung zu achten. In geeigneten Konstellationen kann es empfehlenswert sein, die Tokenisierung und das im Smart Contract zu programmierende Vergütungssystem explizit zu regeln.


Leistungsangebot

Im Zusammenhang mit Ihrer geplanten Markenanmeldung beraten wir Sie gerne zu der vorausschauenden Gestaltung von Waren- und Dienstleistungsverzeichnissen. Darüber hinaus verfügen wir bei der Erstellung von urheberrechtlichen Lizenzverträgen über eine ausgewiesene Expertise. Im Rahmen von NFT-Emissionen ermitteln wir mit unserer hauseigenen Rechercheabteilung das kennzeichenrechtliche Marktumfeld und begleiten Sie bei Verhandlungen von Beteiligungsverträgen mit Venture Capital-Partnern. Sprechen Sie uns dazu gerne an.

Norbert Gottschalk, LL.M.
Rechtsanwalt

E-Mail: norbert.gottschalk@bolex.de
Telefon: +49 (234) 91360
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