Widersprüche in der deutschen Rechtsprechung
Im deutschen Recht gibt es grundsätzlich bis auf wenige Ausnahmen kein echtes Unternehmensstrafrecht. Auch bei der Verhängung von Bußgeldern gelten das Schuld- und Verantwortungsprinzip.
Der strafrechtliche Sanktionsanspruch des Staates muss in der Regel an ein konkretes Verhalten einer natürlichen Person, also an das eines Menschen, geknüpft sein. Dieses Verhalten muss sich ein Unternehmen – wie im Zivilrecht – unter Umständen zurechnen lassen. Auch dort gilt: Juristische Personen können selbst nicht handeln, sondern werden durch ihre Organe tätig.
Nach §§ 30, 130 OWiG können Geldbußen allenfalls gegen juristische Personen verhängt werden, wenn eine Leitungsperson eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit begangen hat.
Das Landgericht Berlin zog gerade diese Grundsätze für die Zurechnung von Verstößen gegen die DSGVO heran (LG Berlin, Beschluss vom 18.02.2021, Az. 526 OWi LG 212 Js-OWi 1/20 (1/20)). Bußgelder könnten einem Unternehmen nur dann auferlegt werden, wenn hinreichend bestimmt sei, wer welchen Verstoß schuldhaft begangen habe.
Bei beiden Entscheidungen handelt es sich um erstinstanzliche Urteile. Höchstrichterliche Rechtsprechung zu diesem Thema existiert bislang nicht. Eine finale Aufklärung des Streits dürfte mit Blick auf die europarechtliche Prägung durch den EuGH erst in ferner Zukunft zu erwarten sein. Zwar spricht nach wie vor viel für eine Anknüpfung an eine vorwerfbare Handlung. Um Rechtssicherheit zu schaffen, ist es allerdings bereits jetzt wichtig beide Alternativen in der Organisation eines Unternehmens zu berücksichtigen.